Von A wie Ackergifte bis Z wie Zulassungsverfahren – in unserem Agrarwende-Glossar beleuchten wir kritisch eine Auswahl von wichtigen Begriffen und Zusammenhängen der Landwirtschaftspolitik. Unser politisches Glossar wird laufend ergänzt und erweitert.
Ackergifte
Unter Ackergifte verstehen wir chemische Substanzen, die gegen Pflanzen (Herbizide), Pilze (Fungizide), Insekten (Insektizide) und Mikroorganismen (Pestizide) auf den Äckern ausgebracht werden. Darunter sind hochgiftige Wirkstoffe, die nicht nur Bienen töten und Menschen schädigen. Sie vernichten auch viele andere Insekten und Wassertiere, schädigen das Bodenleben und belasten das Trinkwasser wie die auf dem Acker angebauten Lebensmittel.
Abdrift
Beim Ausbringen von Pestiziden mit der Feldspritze entsteht eine feiner Sprühnebel, der vom Wind verweht werden kann. Dieses Phänomen nennt man Abdrift. Ackergifte werden auf diese Weise weit über das behandelte Feld hinaus getragen auf benachbarte Felder, Gewässer, Gehölze, Wälder oder Gärten. Auch falsch eingestellte Düsen oder eine zu hohe Geschwindigkeit des Spritzfahrzeugs können den Effekt verstärken.
Für Biolandwirte kann die Abdrift von Pestiziden von benachbarten Äckern ein großes Fiasko bedeuten. Werden in ihren Lebensmitteln (zu hohe) Pestizidbelastungen nachgewiesen, dürfen sie ihre Ernte nicht mehr unter dem Biosiegel verkaufen. Bio-Landwirte behelfen sich hier mit Abstandsflächen, Hecken oder Absprachen mit den konventionellen Nachbar*innen – nicht immer mit Erfolg.
Artensterben
Als Artensterben bezeichnet man das Verschwinden von Arten (z.B. Tiere oder Pflanzen) durch Aussterben. Laut der Roten Liste der Gefährdeten Arten sind aktuell fast 40.000 Tier – und Pflanzenarten sind vom Aussterben bedroht. Auch hierzulande schwindet die Artenvielfalt und viele Insekten und Vogelarten sind vom Aussterben bedroht. Einer der Hauptgründe hierfür ist die Nutzung chemisch-synthetischer Pestizide in der konventionellen Landwirtschaft. Ackergifte gefährden die Artenvielfalt zum einen direkt, indem sie nicht nur Schädlinge sondern auch Nützlinge abtöten und zum anderen indirekt, indem sie die Lebensräume und Nahrungsangebote vieler Tierarten bedrohen. So wurde zwischen 2009 und 2019 ein weltweiter Insektenrückgang von 41% festgestellt.
Pestizidatlas 2022, Seite 25
Wahrheiten-Broschüre
Bio-Landwirtschaft / ökologische Landwirtschaft
In der Bio-Landwirtschaft oder ökologischen Landwirtschaft werden die natürlichen Wechselbeziehungen des Ökosystems genutzt und gefördert und dabei soweit möglich das Prinzip der Kreislaufwirtschaft verfolgt. Der ökologische Landbau ist eine ressourcenschonende, tiergerechte und umweltverträgliche Form der Nahrungsmittelerzeugung:
- Erlaubt ist nur die natürliche Düngung mit Kompost, Tiermist, Pflanzenresten, Gründüngung (z. B. Leguminosen)
- Chemisch-synthetische Stickstoffdünger und leichtlösliche Phosphate sind verboten, ebenso wie chemisch-synthetische Pestizide
- Der Pflanzenschutz erfolgt im ökologischen Landbau v.a. durch den Aufbau gesunder Böden, die Auswahl widerstandsfähiger Sorten und Saaten, vielfältige Fruchtfolge und die Förderung von Nützlingen. Spritzmittel dürfen nur bei drohendem Ernteverlust eingesetzt werden („Medikamenten-Prinzip“) und sind größtenteils auf abbaubare Stoffe pflanzlichen oder mineralischen Ursprungs begrenzt.
- Beikräuter werden händisch oder maschinell reguliert
- Weiterhin gilt beim ökologischen Landbau das Prinzip der artgerechten Tierhaltung mit großen Stallflächen, Einstreu und viel Auslauf. Verwendet wird biologisch erzeugtes Futter ohne Antibiotika und Hormone, kein Gensoja und kein Tiermehl.
Heute ist die Wirtschaftsweise des Ökolandbaus in der EU-Öko-Verordnung festgesetzt. Sie bildet den rechtlichen Rahmen, an den sich alle Biobauern in Europa halten müssen. Daneben haben sich unterschiedliche Anbauverbände mit weitergehenden Standards entwickelt.
https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?uri=CELEX%3A32018R0848&qid=1608219021571 // s. auch: https://www.gfrs.de/aktuelles/neue-eu-oeko-vo-2018-848/
Mehr unter:
http://www.umweltinstitut.org/themen/landwirtschaft/oekologischer-landbau/
https://www.oekolandbau.de/landwirtschaft/betrieb/oekonomie/foerderung/foerderrichtlinien-des-boeln/
Bio-Lebensmittel
Lebensmittel aus ökologischer Landwirtschaft werden Bio-Lebensmittel genannt. Die Begriffe „Bio“ und „Öko“ sind gesetzlich durch die EU-Öko-Verordnung geschützt Dabei kennzeichnet das Bio-Sechseck (Link zu https://www.oekolandbau.de/bio-siegel/) nur Produkte, die die Öko-Kontrolle erfolgreich bestanden haben. Die (am 1. Januar 2022 aktualisierte) EU-Öko-Verordnung(Link zu https://www.boelw.de/themen/eu-oeko-verordnung/neues-biorecht/artikel/uebersicht-ueber-die-neue-oeko-basisverordnung-eu-2018-48-und-ergaenzende-rechtsakte/) gilt als „Grundgesetz“ der ökologischen Lebensmittelwirtschaft; sie soll Verbraucherinnen und Verbraucher vor Irreführung bei Bio-Produkten schützen. Neben dem EU-Bio-Recht gibt es in Deutschland außerdem noch ein Öko-Landbaugesetz (ÖLG), das zudem durch die „Kontrollstellen-Zulassungsverordnung“ und einer „Verordnung zur Außer-Haus-Verpflegung“ ergänzt wird.
Noch strenger als die EU-Verordnungen sind die Regeln der nationalen Bio-Verbände, sie fordern beispielsweise die Umstellung des gesamten landwirtschaftlichen Betriebes, beschränken die Menge zugelassener Zusatzstoffe in der Lebensmittelherstellung noch stärker oder schreiben schärfere Regeln für die Tierhaltung vor. Im Bio-Fachhandel (Link innerhalb Glossar) finden Kund*innen – anders als im normalen Lebensmittelläden – ausschließlich Bio-Produkte und -Lebensmittel.
https://www.boelw.de/themen/eu-oeko-verordnung/
https://www.bmel.de/DE/themen/landwirtschaft/oekologischer-landbau/aenderungen-oekoverordnung.html
Bio-Fachhandel
Ein Bio-Fachhandel ist ein Betrieb, der sich auf den Verkauf von Bio-Produkten (überwiegend Lebensmittel aus ökologischer Landwirtschaft) spezialisiert hat. Im Fokus stehen nachhaltig orientierte Wertschöpfungsketten und Produkte ökologischen Ursprungs, die ohne den Einsatz von chemisch-synthetischen Mitteln wie Pestiziden angebaut werden. Beispielsweise Biomärkte sind Bio-Fachhandelsunternehmen. Der Marktanteil von Bio-Lebensmitteln in Deutschland steigt seit Jahren stetig an und lag im Jahr 2021 bei rund 6,8 %.
Biodiversität
Das Wort Biodiversität beschreibt die biologische Vielfalt auf unserem Planeten. Oft wird Biodiversität mit Artenvielfalt gleichgesetzt. Doch der Begrifft umfasst, neben der Vielfalt der Arten (z.B. Tiere, Pflanzen, Pilze und Bakterien), auch deren genetische Vielfalt (z.B. Unterarten, Rassen, Sorten), sowie die Vielfalt der Ökosysteme (z.B. Wasser, Wald und Boden).
Das Zusammenspiel dieser drei Elemente ist die existenzielle Grundlage des unseres Lebens.
Doch weltweit sinkt die Biodiversität immer weiter. Ein Grund dafür ist die industrielle Landwirtschaft. Die intensive landwirtschaftliche Nutzung und der Einsatz chemisch-synthetischer Pestizide, bedrohen Böden, Wasser, Luft, Mikroorganismen, Insekten und Wirbeltiere. So sind Pestizide in der konventionellen Landwirtschaft indirekt eine der Hauptgründe für das Insektensterben und den Rückgang bestimmter Vogelarten.
Quellen:
https://www.oekom.de/beitrag/biodiversitaet-einfach-erklaert-155
https://www.umweltbundesamt.de/daten/land-forstwirtschaft/pflanzenschutzmittelverwendung-in-der#umweltwirkungen-von-pflanzenschutzmitteln
https://www.nabu.de/natur-und-landschaft/landnutzung/landwirtschaft/artenvielfalt/index.html
Citizen-Science-Projekt
Unter Citizen-Science versteht man die Partizipation von Bürger*innen an wissenschaftlichen Prozessen, die in diesem Bereich im Alltag nicht tätig sind bzw. waren. Die Beteiligung kann von einer kurzen Datenerhebung bis zu einem intensiven Engagement in der Freizeit reichen. Für aussagekräftige Ergebnisse ist das Einhalten wissenschaftlicher Standards bei der Projektgestaltung besonders wichtig. Was ist Citizen Science? | Bürger schaffen Wissen (buergerschaffenwissen.de)
Eine Citizen-Science-Studie des Bündnisses für eine enkeltaugliche Landwirtschaft belegte 2019 erstmals systematisch, dass die Luft in ganz Deutschland flächendeckend durch Ferntransport mit Pestiziden belastet ist.
Enkeltauglich
Das Wort „enkeltauglich“ soll „Nachhaltigkeit“ plastisch und begreifbar werden lassen. Es bedeutet, dass etwas geeignet ist, eine Zukunft zu schaffen, die auch für nachfolgende Generationen geeignet ist. Zurückverfolgen lässt sich das Wort „enkeltauglich“ bis 2001, in einer Publikation namens »Kinderagenda für Gesundheit und Umwelt 2001« des »Netzwerks Kindergesundheit und Umwelt«. Auch als Maßstab für politische Entscheidungen kann das Wort enkeltauglich genutzt werden, wie die Webseite des APUG erklärt: „„Enkeltauglichkeit“ will verdeutlichen, dass letztlich alle Politik sich daran zu messen hat, dass auch die Enkelkinder eine lebenswerte Zukunft vorfinden.“
Quellen: https://www.johannesheimrath.de/woher-kommt-der-begriff-enkeltauglich
Fungizide
Fungizide sind Mittel gegen Pilzerkrankungen bei Nutzpflanzen. Sie sind Teil der Pestizide, die in der konventionellen Landwirtschaft zum Einsatz kommen. Trotz des Prinzips der Schadschwelle wird teils von den Herstellern empfohlen, sie bereits vorbeugend beim Pflanzenbau zu nutzen. Dagonis® – Agricultural Solutions (basf.de)
Neben der Anreicherung in der Umwelt mit ungeahnten negativen Folgen können Fungizide auch in den menschlichen Organismus eindringen und beispielsweise das Hormonsystem empfindlich stören oder weibliche Eizellen schädigen.Frauenfeindliche Gifte – Infopool (landwende.de)
Green Deal
Der Green Deal ist eine ambitionierte Agenda der EU, die 2020 anlaufen sollte und neben mehr Klimaschutz auch eine nachhaltige Landwirtschaft (Farm-to-Fork-Strategie) und einen umfassenderen Naturschutz zum Ziel hat. Der europäische Green Deal | bpb.de
Die Krisen der letzten Jahre (Covid-19-Pandemie, Krieg in der Ukraine) sind zu Lasten der Umsetzung der ökologischen Aspekte im Green Deal gegangen, weswegen wir und andere Naturschutzverbände ein erneutes Bekenntnis zu den Zielen in der Landwirtschaft und im Naturschutz von der Europäischen Kommission verlangen. Bekenntnis zum Green Deal für eine nachhaltige Ernährungssouveränität – Pestizid Aktions-Netzwerk e.V. (PAN Germany) – Pestizid Aktions-Netzwerk e.V. (PAN Germany) (pan-germany.org)
Glyphosat
Glyphosat ist das meistverkaufte und am häufigsten eingesetzte Ackergift der Welt. In Deutschland wird es laut Umweltbundesamt auf fast 40% der Felder eingesetzt.
Als sogenanntes „Totalherbizid“ tötet es jede Pflanze ab, die nicht gentechnisch so verändert wurde, dass sie gegen Glyphosat resistent ist.
Das hat verheerende Auswirkungen auf Artenvielfalt und Nahrungsketten: Da Glyphosat dazu beiträgt, unerwünschte Pflanzen auf Feldern zu reduzieren, finden bestäubende und pflanzenfressende Insekten dadurch weniger Nahrung, was sich wiederum auf die Nahrungsgrundlage vieler anderer Tierarten auswirkt. So beträgt beispielsweise der Rückgang der Vogelpopulation in der EU seit 1980 mehr als 30 Prozent.
Doch nicht nur die Biodiversität ist durch Glyphosat gefährdet – auch die menschliche Gesundheit: Denn das Glyphosat im Darm Bakterien abtötet, die wir die Verdauung benötigen, ist bekannt. Die WHO stuft Glyphosat außerdem für Tieren als „sicher krebserregend“ und für Menschen als „wahrscheinlich krebserregend“ ein. Besonders besorgniserregend: In unserer Studie zur Pestizid-Belastung der Luft wurde Glyphosat an allen Messstandorten in ganz Deutschland nachgewiesen. Das Herbizid befindet sich also überall in unserer Atemluft – und das, obwohl die Verflüchtigung von Glyphosat laut Zulassungsbehörden als ausgeschlossen gilt. Auch in unserem Körper wurde der Wirkstoff nachgewiesen: Im Rahmen der Citizen Science Studie Urinale wurde 2015 der Urin von über 2.000 Proband*innen auf Glyphosat-Rückstände untersucht. Das Ergebnis: In 99,6% der Proben wurde Glyphosat nachgewiesen.
https://www.umweltbundesamt.de/themen/chemikalien/pflanzenschutzmittel/glyphosat
https://www.boell.de/sites/default/files/2022-01/Pestizidatlas2022_Web_20220108.pdf
Herbizide
Herbizide sind chemisch-synthetische Mittel, die störende Pflanzen abtöten sollen. Oft werden diese jedoch nicht nur zur Unkrautbekämpfung, sondern auch zur Erntebeschleunigung eingesetzt. Man unterscheidet zwischen selektiven Herbiziden, die gezielt gegen bestimmte Pflanzen wirken und Totalherbiziden, die gegen alle Pflanzen wirken. Ein solches Totalherbizid ist beispielsweise das viel kritisierte Glyphosat.
Herbizide haben nicht nur einen direkten Einfluss auf die pflanzliche Vielfalt, sondern tragen auch indirekt zum Rückgang von Insekten und Wirbeltieren bei, indem sie das Nahrungsangebot zerstören. Zahlreiche Studien haben nachgewiesen, dass Ackergifte über die Nahrungskette eine der Hauptursachen für den Rückgang vieler Feldvogelarten sind.
Insektizide
Insektizide sind Pestizide, die sich speziell an Insekten und deren Entwicklungsstadien richten. Sie dienen der Abtötung oder Vertreibung dieser und werden überwiegend in der konventionellen Land- und Forstwirtschaft und in der Vorratshaltung eingesetzt. Insektizide sind häufig abbauresistente Stoffe und reichern sich in der Nahrungskette an, wodurch sie die Umwelt dauerhaft schädigen. Schnell abbaubare Insektizide weisen meist eine hohe akute Toxizität auf, weswegen sie auch als chemische Kampfstoffe eingesetzt werden.
Mehr unter:
Monokultur
Werden große Ackerflächen, auf denen nur eine Pflanzenart wächst (Reinkultur) über mehrere Jahre auf derselben Fläche angebaut, spricht man von einer Monokultur. Konventionelle Landwirt*innen setzen oft auf Monokulturen, da diese effizienter zu bewirtschaften sind und öfter einen höheren Gewinn bringen.
Doch Monokulturen haben große Nachteile für Umwelt und Biodiversität. Denn um die Flächen reinzuhalten, werden diese stark mit chemisch-synthetischen Pestiziden behandelt. Dabei werden nicht nur die sogenannten Schädlinge und Wildpflanzen, sondern auch eine Vielzahl anderer, für den Naturhaushalt wichtiger Lebewesen in Mitleidenschaft gezogen.
Dabei ist es gerade diese Biodiversität, die den Boden robust, widerstandsfähig und ertragreich hält.
Der Biolandbau setzt daher auf vielfältige Fruchtfolgen und die Förderung von Nützlingen statt Monokulturen.
Quelle: Broschüre
Pestizid-Verfrachtung
Chemisch-synthetische Pestizide bleiben nicht da, wo sie ausgebracht werden. Sie wehen durch Wind auf benachbarte Bio-Felder (siehe Abdrift); steigen in höhere Luftschichten und werden so durch Windbewegung und Niederschläge kilometerweit verbreitet (siehe Ferntransport). Diese, durch Witterungseinflüsse hervorgerufene, unbeabsichtigte Verbreitung von Pestiziden nennt man Verfrachtung.
Passivsammler
Ein Passivsammler ist ein technischer Sammler, der Schadstoffe direkt aus der Luft aufnimmt und misst, um damit wissenschaftliche Untersuchungen über die Luft vorzunehmen. Da Passivsammler ohne Strom funktionieren, können sie überall eingesetzt werden. Zur Ermittlung von DDT wurden Passivsammler zum Beispiel in der Arktis und im Urwald aufgestellt.
Dabei werden Luftschadstoffe über einen längeren Zeitraum aufgefangen. In der Studie zur Pestizid-Belastung der Luftwaren es bis zu drei Monate. Der für die Studie entwickelte Passivsammler verwendete zum Aufnehmen der Schadstoffe zwei Schäume, um sowohl Gase, als auch kleine Partikel aufzufangen. Insgesamt wurden in der Studie mithilfe der Passivsammler 71 Wirkstoffe aus landwirtschaftlichen Quellen nachgewiesen.
Mehr zum Thema unter:
https://whispert.de/was-ist-ein-passivsammler/
https://pubs.acs.org/doi/10.1021/es060447t
Pestizide
Pestizide (von engl. „Pests“: Schädlinge, Ungeziefer, Plagegeister und „–zid“: tötend, vernichtend) sollen unerwünschte Organismen töten oder schädigen. Meist sind mit dem Begriff chemisch-synthetische Pestizide gemeint, die in der konventionellen Landwirtschaft angewendet werden, um z. B. Pflanzen (Herbizide), Insekten (Insektizide) oder Pilze (Fungizide) zu bekämpfen und so Ernteausfälle zu verhindern. Die Herstellerfirmen nennen ihre Mittel daher vorzugsweise „Pflanzenschutzmittel“. Dass diese Mittel zum Töten von Lebewesen entwickelt wurden, vermittelt dieser Begriff jedoch nicht.
Chemisch-synthetische Pestizide werden oft regelmäßig und präventiv angewendet, um Anbauweisen wie Monokulturen, kurze Fruchtfolgen oder überzüchtete Hybridsorten zu ermöglichen. Allein in Deutschland gelangen lt. Umweltbundesamt im Jahr bis zu 35.000 Tonnen Pestizide in die Umwelt. Es gilt mittlerweile als unbestritten, dass der hohe Einsatz von Pestiziden vielerorts die Umwelt und Biodiversität belasten bzw. bedrohen. Da sich viele Pestizide im Boden anreichern, beeinträchtigen sie durch eine Schädigung der Bodenorganismen die Bodenfruchtbarkeit. Die Stoffe finden sich zudem in Gewässern wieder, verbreiten sich durch Abdrift und Ferntransport durch die Luft und belasten unsere Nahrungsmittel.
Auch im Öko-Landbau sind einige wenige Spritzmittel erlaubt, diese sind jedoch meistens pflanzlichen oder mineralischen Ursprungs. Es gilt dann zudem das „Medikamenten-Prinzip” – das heißt, sie dürfen laut EU-Bio-Verordnung nur dann eingesetzt werden, wenn ein Ernteverlust sonst nicht abgewendet werden könnte.
Mehr zum Thema unter:
https://enkeltauglich.bio/wp-content/uploads/BeL_Broschuere-4.pdf
https://pan-germany.org/pestizide-uebersicht/pestizide-themenseite/ https://www.boell.de/de/2022/01/12/pestizide-in-der-landwirtschaft
http://www.umweltinstitut.org/themen/landwirtschaft/pestizide.html
https://whispert.de/wird-bei-bio-gespritzt/)https://whispert.de/wird-bei-bio-gespritzt/)
- Umweltbundesamt (UBA) (2020): Pflanzenschutzmittelverwendung in der Landwirtschaft.
- J. Guntern, B. Baur, K. Ingold, C. Stamm, I. Widmer, I. Wittmer, F. Altermatt: Pestizide: Auswirkungen auf Umwelt, Biodiversität und Ökosystemleistungen. In: Akademie der Naturwissenschaften Schweiz (Hrsg.): Swiss Academies Factsheets. Band 16, Nr. 2. Bern 2021, doi:10.5281/zenodo.4680574 (scnat.ch).
Pestizid-Cocktail
Auf konventionellen Äckern werden oft mehrere Pestizide gleichzeitig oder nacheinander angewendet. Wie sich der daraus entstehende „Pestizid-Cocktail“, also die Mischung verschiedener Pestizid-Wirkstoffe, zusammenwirkt, wird im Zulassungsverfahren nicht überprüft. Dort werden nur einzelne Mittel bewertet. Folglich bleiben unerwünschte Kombinationswirkungen von Pestiziden auf Umwelt und Gesundheit oft unentdeckt.
Auch in unserer Atemluft befinden sich „Pestizid-Cocktails“. Denn von den diversen Äckern dünsten die unterschiedlichsten Chemikalien aus und bilden in unserer Atemluft einen Cocktail aus Giften, die kombiniert wesentlich stärker wirken können als einzeln. Was diese in unserer Lunge anrichten, ist kaum erforscht.
Eine Verbesserung des Zulassungsverfahrens, das die Kombinationswirkungen verschiedener Pestizide berücksichtigt, ist daher dringend notwendig!
Quellen: Broschüre, UBA (https://www.umweltbundesamt.de/themen/umweltrisiken-durch-pestizid-cocktails-werden)