Pendimethalin ist, ähnlich wie der bekannte Unkrautvernichter Glyphosat, ein Herbizid, das in der konventionellen Landwirtschaft zur Bekämpfung ungewünschter Beikräuter eingesetzt wird. Mit rund 700 Tonnen, die allein in Deutschland pro Jahr verkauft werden, gehört das Ackergift zu den meistverwendeten Pestiziden. Warum ist das besorgniserregend? Pendimethalin bleibt nicht auf den Äckern, auf denen es ausgebracht wird, sondern verbreitet sich durch die Luft unkontrolliert über weite Strecken. Zudem gibt es erhebliche Bedenken hinsichtlich seiner Auswirkungen auf Umwelt und Gesundheit.
Jetzt klagen wir!
Im Juli 2024 haben unser Bündnis für eine enkeltaugliche Landwirtschaft und das Umweltinstitut München die EU-Kommission aufgefordert, die Genehmigung von Pendimethalin aufzuheben. Dennoch wurde die Genehmigung des Ackergifts noch im gleichen Monat verlängert – obwohl keine aktuelle Risikoprüfung vorliegt. Das akzeptieren wir nicht. Gemeinsam mit dem Umweltinstitut haben wir Klage beim Europäischen Gericht eingereicht!
Warum ist Pendimethalin so gefährlich?
- Eine Gefahr für unsere Gesundheit: Pendimethalin kann vermutlich das ungeborene Kind im Mutterleib schädigen. In den USA ist das Herbizid als „möglicherweise krebserregend“ eingestuft. Die Aufnahme von Pendimethalin in den Körper kann außerdem das Risiko für Nierenschäden erhöhen und das Erbgut schädigen.
- Überall in unserer Umwelt: In unserem umfangreichen deutschlandweiten Monitoring zur Pestizidbelastung der Luft, das wir gemeinsam mit dem Umweltinstitut München durchgeführt haben, war Pendimethalin einer der am häufigsten gefundenen Pestizidwirkstoffe in der Luft. Auch im Hausstaub und in unseren Gewässern kann Pendimethalin nachgewiesen werden.
- Gefahr für Tiere: Das Ackergift ist als sehr giftig für Wasserorganismen eingestuft. Es beeinträchtigt die Fortpflanzung von Vögeln, schädigt Insekten und Bodenorganismen und reduziert das Nahrungsangebot und die Lebensräume für Tiere, indem es Wildpflanzen abtötet.
- Sollte schon längst ersetzt sein: Wegen seiner Giftigkeit und der langen Verweildauer in der Umwelt ist Pendimethalin in der EU als sogenannter Substitutionskandidat eingestuft und sollte schnell durch weniger schädliche Alternativen ersetzt werden. Obwohl es durch nicht-chemische Alternativen, wie die mechanische Unkrautbekämpfung, ersetzt werden könnte, darf es weiterhin angewendet werden.
- Gefährdet die Bio-Landwirtschaft: Pendimethalin kann über die Luft auf ökologisch bewirtschaftete Felder gelangen. Eine Kontamination führt zu Vermarktungsverboten und damit zu einer existenziellen Bedrohung von Bio-Betrieben.
- Eigentlich gar nicht mehr genehmigungsfähig: Persistente (langlebige), bioakkumulierbare und toxische (PBT) Stoffe sind in der EU nicht genehmigungsfähig. Pendimethalin ist bereits als persistent (P) und toxisch (T) anerkannt und erfüllt somit zwei der drei Kriterien. Es gibt zudem starke Belege dafür, dass der Wirkstoff auch bioakkumulierbar ist, also sich in Organismen anreichert. Trotzdem wurde Pendimethalin bislang nicht als PBT-Stoff klassifiziert und darf noch immer vermarktet werden.
Wogegen genau gehen wir vor, und warum jetzt?
Eigentlich wäre die Genehmigung von Pendimethalin im November 2024 ausgelaufen. Für eine erneute Genehmigung muss ein Wirkstoff eine aktuelle Risikoprüfung durchlaufen. Diese konnten die zuständigen Behörden jedoch nicht rechtzeitig abschließen.
Statt die Anwendung des Wirkstoffs bis zum Abschluss dieser Prüfung zu stoppen, entschied die EU-Kommission im Juli 2024, die Genehmigung „technisch“ zu verlängern – eine Möglichkeit, die Artikel 17 der Pestizidverordnung (EG 1107/2009) vorsieht. Technische Verlängerungen sollen eigentlich die Ausnahme sein, werden jedoch inzwischen fast routinemäßig genutzt, wie eine aktuelle Analyse zeigt. Dadurch dürfen selbst hoch umstrittene Pestizide oft jahrelang weiter eingesetzt werden, ohne dass ihre Gefahren für Mensch und Natur nach aktuellem Stand der Wissenschaft geprüft sind.
Aus Sicht des Bündnisses für eine enkeltaugliche Landwirtschaft (BEL) und des Umweltinstituts ist diese Praxis rechtswidrig und widerspricht dem Kernziel der Pestizidverordnung: Nur Wirkstoffe, die nachweislich sicher sind, dürfen zugelassen werden.
Bereits vor der Verlängerungsentscheidung hatten beide Organisationen die EU-Kommission aufgefordert, die Genehmigung von Pendimethalin aufgrund gravierender Sicherheitsbedenken sofort zu widerrufen. Die Kommission lehnte dies ab. Daraufhin stellten BEL und Umweltinstitut einen formellen Antrag auf interne Überprüfung sowohl dieser Ablehnung als auch der Verlängerungsentscheidung. Trotz der dargelegten erheblichen Risiken sah die Kommission keine Veranlassung, ihre Entscheidung zu überdenken oder Vorsorgemaßnahmen zu ergreifen. Nun klagen BEL und Umweltinstitut vor dem Gericht der Europäischen Union (EuG) gegen diese Entscheidung. Dabei geht es um mehr als nur einen einzelnen Wirkstoff: Mit unserer Klage wollen wir auch eine grundlegende Reform der Zulassungsverfahren erreichen!